Beschlusskompetenz: Auferlegung einer Handlungspflicht?

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann einen Wohnungseigentümer, außerhalb des Bereichs der gemeinschaftlichen Kosten und Lasten, nicht allein durch bestandskräftigen Mehrheitsbeschluss zu etwas verpflichten, worauf sie keinen Anspruch hat.

Kontrovers diskutiert wurde bisher die Frage, ob allein auf der Grundlage einer entsprechenden Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung dem einzelnen Sondereigentümer konstitutiv eine Handlungspflicht auferlegt werden kann.

Im vorliegenden Fall hatte ein Wohnungseigentümer die zu seinen Wohnungen gehörenden Stellplätze durch Gitter und ein Rolltor von den übrigen Stellplätzen abgetrennt. Einen auf Genehmigung dieser Maßnahmen gerichteten Beschlussantrag hatte die Wohnungseigentümerversammlung abgelehnt. Die Versammlung beschloss vielmehr mehrheitlich, den Wohnungseigentümer zum Rückbau aufzufordern und ihn hierzu zu verpflichten. Die Beschlüsse waren in Bestandskraft erwachsen. Der Aufforderung der WEG auf Rückbau kam der Wohnungseigentümer nicht nach.

Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 18.06.2010, V ZR 193/09 nunmehr klargestellt, dass die Wohnungseigentümerversammlung keine Beschlusskompetenz besitzt, Handlungspflichten eines einzelnen Sondereigentümers durch Mehrheitsbeschluss zu begründen. Ein gleichwohl dahingehend gefasster Beschluss ist wegen der fehlenden Beschlusskompetenz nichtig.

In dem Prozess der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen den vermeintlich verpflichteten Eigentümer habe das Gericht vielmehr zu prüfen, ob der WEG ein gesetzlicher Anspruch zusteht, dass der Eigentümer die Abtrennung entfernt. Das wäre z.B. dann der Fall, wenn andere Wohnungseigentümer durch die bauliche Veränderung über das unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden. Es reicht damit nicht aus, sich auf die Bestandskraft des die Verpflichtung vorsehenden Beschlusses zu beschränken.

BGH, Urteil vom 18.06.2010, V ZR 193/09

Fundstelle: IMR 2010, Seite 384

Anmerkung: Konsequenz aus dieser Entscheidung ist es, dass der Wohnungseigentümer, dem die entsprechende Verpflichtung auferlegt worden ist, nunmehr nicht gehalten zu sein scheint, den ihn belastenden Beschluss anzugreifen.

« zurück