Zulässigkeit Eltern-Kind-Zentrum in Wohnungseigentumsanlage

Die gebotene Versorgung von Kleinkindern berufstätiger Eltern hat mehr und mehr dazu geführt, dass auch im privaten Bereich in Kleingruppen Möglichkeiten geschaffen werden, in kleinen Gruppen tagsüber Kinder zu betreuen. Kindertageseinrichtungen befinden sich damit mehr und mehr auch in Wohnungs- und Teileigentumsanlagen wieder.

Grundsätzlich können Wohnungseigentümer von einem Mieter, der eine entsprechende genehmigte Tageseinrichtung betreibt, gemäß § 1004 Abs. 1 BGB Unterlassung verlangen, wenn die Einheit anders als in der Teilungserklärung vorgesehen genutzt wird.

Etwas anderes ist jedoch dann anzunehmen, wenn die tatsächliche Nutzung bei typisierender Betrachtung nicht mehr stört, als die erlaubte Nutzung. Geräuschemissionen, die von einer Kindertageseinrichtung ausgehen, sind angesichts der dort für gewöhnlich stattfindenden Aktivitäten in der Regel lauter und störender als beispielsweise ein Bürobetrieb, eine Arztpraxis oder ein Ladenlokal. Sofern eine andere als eine Wohnnutzung nach der Zweckbestimmung der Teilungserklärung zulässig ist, hat nach der typisierenden Betrachtungsweise eine Prüfung zu erfolgen, ob die angestrebte Nutzung mehr stört als die nach der Zweckbestimmung zulässig.

Sofern innerhalb einer Sondereigentumseinheit eine Tageseinrichtung durch eine Tagesmutter betrieben wird, wird in der Regel eine Abwägung nach dem Urbedürfnis der übrigen Sondereigentümer gegenüber den von einer solchen Tageseinrichtung ausgehenden Emissionen erfolgen. Insofern ist § 22 Bundesemissionsschutzgesetz zu berücksichtigen. Dort heißt es wörtlich wie folgt:

„Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen, wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkung dürfen Emissionsgrenz- und Richtwerte nicht herangezogen werden.“

Der BGH stellt in der Entscheidung klar, dass der Begriff der Kindertageseinrichtung bzw. einer „ähnlichen Einrichtung“ im Sinne der zuvor zitierten Bestimmung nicht zu eng gefasst werden darf.

Das gesetzgeberische Ziel der Norm ist eine Privilegierung von „grundsätzlicher Natur“. Kinderlärm steht unter einem besonderen Toleranzgebot. Die Bestimmung soll ein klares gesetzgeberisches Signal für eine kinderfreundliche Gesellschaft setzen. Damit bleiben privilegierte Geräuscheinwirkungen, wie Kinderlärm, bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise der durch die Nutzung hervorgerufenen Störungen in der Regel von untergeordneter Bedeutung, so dass – soweit die Zweckbestimmung nicht entgegensteht – eine entsprechende Tageseinrichtung auch in einer Sonder- und Teileigentumseinheit zulässig sein kann.

Quelle: BGH, Urteil vom 13.12.2019 - V ZR 203/18

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