Wieviel Umgang braucht das Kind?

Welche Möglichkeiten habe ich, wenn mir zu wenig Umgang mit meinem Kind gewährt wird oder umgekehrt, wenn der andere Elternteil zu viel Umgang fordert?

Einig sind sich Eltern zumeist, dass bei Fragen des Umgangs das Kindeswohl im Mittelpunkt aller Überlegungen stehen soll.

Doch was das dem Wohl des Kindes dient, ist strittig, insbesondere nach der Entscheidung des BGH zum Wechselmodell.

Der von umgangsberechtigten Eltern gelegentlich falsch verstandene Beschluss des vom 01.02.2017 (XII ZB 601/15) gibt Anlass, sich mit den Grundlagen des Umgangsrechts auseinanderzusetzen.

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Grundlagen des Umgangsrecht

1. Zweck und Rechtsnatur des Umgangsrechts

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (seit BVerfG, Beschluss vom 15.06.1971 - 1 BvR 192/70) und des Bundesgerichtshofs (bereits BGH, Beschluss vom 21.10.1964 - IV ZB 338/64) soll das Umgangsrecht im Falle der Trennung der Eltern dem berechtigten Elternteil ermöglichen, sich vom körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung fortlaufend persönlich zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen aufrechtzuerhalten, einer Entfremdung vorzubeugen und dem gegenseitigen Liebesbedürfnis Rechnung zu tragen.

Unerheblich ist, ob die Eltern des Kindes miteinander verheiratet sind oder waren. Es kommt auch nicht darauf an, wer Inhaber der elterlichen Sorge ist oder ob Kindesunterhalt gezahlt wird. Das Umgangsrecht besteht selbst dann, wenn das Kind fremduntergebracht ist, also beispielsweise bei Pflegeeltern lebt.

Dem Kind steht ein eigenes Recht auf Umgang mit jedem Elternteil zu (§ 1684 Abs. 1 1. Halbsatz BGB). Für eine gedeihliche seelische Entwicklung des Kindes ist es in aller Regel bedeutsam, nicht nur einen sorgenden Elternteil als ständigen Bindungspartner zu haben, sondern auch den anderen Elternteil als geeignete Bezugsperson zu erleben und die Beziehung zu diesem so gut wie möglich aufrechtzuerhalten (§ 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB: „Zum Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen.“).

Mit dem Umgangsrecht des Kindes korrespondiert die Elternpflicht zum Umgang mit dem Kind (§ 1684 2. Halbsatz BGB).

Das Umgangsrecht erwächst aus dem natürlichen Elternrecht und der damit verbundenen Verantwortung und steht unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG sowie des Art. 8 Abs. 1 EMRK; es ist unverzichtbar.

Die Verletzung des Umgangsrechts kann Schadensersatzansprüche auslösen (OLG Köln, Beschluss vom 04.07.2014 – 4 UF 22/13). Eine Verletzung des Umgangsrechts kann gemäß § 235 StGB (Kindesentziehung) strafbar sein.

2. Der Kreis der Umgangsberechtigten

2.1

Der Kreis der Umgangsberechtigten wird ausschließlich durch §§ 1684, 1685 und 1686a BGB bestimmt. Dies sind

  • zum einen die rechtlichen Eltern eines Kindes (§ 1684 BGB),
  • zum anderen Großeltern und Geschwister (§ 1685 Abs. 1 BGB) sowie
  • enge Bezugspersonen des Kindes (§ 1685 Abs. 2 BGB);
  • schließlich hat der leibliche Vater, der nicht der rechtliche Vater ist, ein Recht auf Umgang mit dem Kind (§ 1686a BGB).

Die Voraussetzungen, unter denen das Umgangsrecht gewährt wird, richten sich danach, wer das Umgangsrecht geltend macht.

2.2

Das Umgangsrecht des Kindes und der Eltern steht unter einem besonderen Schutz und kann nur dann eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, wenn das Kindeswohl dies erforderlich macht.

2.3

Großeltern, Geschwister und enge Bezugspersonen des Kindes sind dann zum Umgang berechtigt, wenn der Umgang dem Wohl des Kindes dient.

2.4

Der leibliche Vater ist zum Umgang berechtigt, wenn er ein ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt hat und der Umgang dem Kindeswohl dient. Der bloße Wunsch des leiblichen Vaters, eine sozial familiäre Beziehung aufzubauen, begründet kein Umgangsrecht. Nach der Rechtsprechung des EGMR bedarf es immer der Prüfung des Kindeswohls, andernfalls kann das Umgangsrecht des leiblichen Vaters im Hinblick auf Art. 8 EMRK nicht versagt werden.

Kriterien für die Kindeswohlprüfung sind neben der Persönlichkeitsentwicklung und Identitätsfindung des Kindes dessen Alter und Resilienz, eine eventuelle seelische Belastung und Verunsicherung, die Bindung an die sozialen Eltern und die Stabilität und Belastbarkeit der Familie. Ferner spielt das Konfliktniveau der beteiligten Erwachsenen eine Rolle und inwieweit der leibliche Vater den Erziehungsvorgang der rechtlichen Eltern respektiert, gegebenenfalls die Dauer der Kenntnis von der Existenz des leiblichen Vaters und ob bereits Kontakt zwischen leiblichem Vater und Kind bestanden hat. Das Kind ist auch in Fällen, in denen der biologische Vater sein Umgangsrecht geltend macht, grundsätzlich vor Gericht anzuhören (BGH, Beschluss vom 5.10.2016 – XII ZB 280/15).

3. Wohlverhaltensklausel

Eltern sind verpflichtet, die in aller Regel mit ihrer Trennung für gesunde Entwicklung des Kindes verbundene Schädigung nach Möglichkeit zu mildern, das Kind nicht mit ihren Konflikten zu belasten und eine vernünftige, den Interessen des Kindes entsprechende Lösung für seine weiteren persönlichen Beziehungen zu finden. Insbesondere haben es die Eltern zu unterlassen, die Ursachen des Scheiterns ihrer Beziehung mit dem Kind zu erörtern, über den anderen Elternteil in Gegenwart des Kindes schlecht zu reden und Achtung und Liebe zum anderen Elternteil zu untergraben. In diesem Sinne normiert die Wohlverhaltensklausel (§ 1684 BGB) die Pflicht der Eltern zu wechselseitig loyalem Verhalten.

Darüber hinaus verlangt die Wohlverhaltensklausel ein aktives Tun der Eltern. So ist eine Mutter verpflichtet worden, die Kinder wegen der weiten Entfernung der Wohnorte von Mutter und Vater auf ihre Kosten zum Flughafen zu bringen (BVerfG, Beschluss vom 05. 02. 2002 - 1 BvR 2029/00).

Der umgangsverpflichtete Elternteil muss bei Widerständen des Kindes auf das Kind einwirken, um so eine positive Einstellung des Kindes zum Umgang zu fördern. Ein Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht z. B. vor, wenn einem achtjährigen Kind freigestellt wird, ob es den Umgang wahrnehmen möchte oder nicht oder wenn der Umgang dazu benutzt wird, das Kind zur Aufdeckung vermeintlicher Erziehungsdefizite einer Psychologin vorzustellen.

In der Regel wird das Gericht die Eltern zu einem Anhörungstermin laden und versuchen, eine Lösung für die Umgangsprobleme zu finden sowie auf Beratungs- und Unterstützungsangebote der Jugendhilfe hinweisen. Gelingt dies nicht, kann das Gericht konkrete Anordnungen zur Erhaltung der Wohlverhaltenspflicht treffen, beispielsweise anordnen:

  • Benutzungsverbot eines vom Umgangsberechtigten an das Kind geschenkten Handys durch den Sorgeberechtigten
  • Verbot des Umgangsberechtigten, bei Ausübung des Umgangsrechts mit dem Kind Gaststätten aufzusuchen oder alkoholische Getränke zu sich zu nehmen
  • Kraftfahrzeugbenutzungsverbot
  • Auflage, den Reisepass bei einem Rechtsanwalt zu hinterlegen
  • Beschränkung auf begleitete Umgangskontakte.

Verstößt ein Elternteil gegen eine gerichtliche Auflage, so kann das Gericht gegen ihn ein empfindliches Ordnungsgeld (ersatzweise Ordnungshaft) festsetzen.

4. Regelungsinhalte

4.1

Die Eltern sind grundsätzlich frei darin, wie sie den Umgang regeln, ob mit Übernachtungen, Ferienbesuchen, ob täglich oder wöchentlich. Bei Streit richten sich Dauer und Häufigkeit des Umgangs nach dem Alter und der Belastbarkeit des Kindes. Zudem kommt es auf die Qualität der Bindungen des Kindes zu dem Umgangsberechtigten, dem Verhältnis der Eltern untereinander, den sonstigen Bindungen des Kindes und der Eltern, der Entfernung der Wohnorte von umgangsberechtigtem und betreuendem Elternteil an.

4.2

In der Regel werden bei Babys und Kleinkindern kürzere Abstände zwischen den einzelnen Umgangskontakten als bei älteren Kindern vereinbart, um einer Entfremdung vorzubeugen und eine stabile Eltern-Kind-Beziehung aufzubauen. Bei jüngeren Kindern soll deren Zeitempfinden bei der Dauer der Kontakte berücksichtigt werden.

4.3

Dem umgangsberechtigten Elternteil ist zum periodischen Umgang ein mehrwöchiges Ferienumgangsrecht einzuräumen. Voraussetzung ist, dass das Kind eine längere Trennung von der Hauptbezugsperson gut verkraftet. Je nach Umständen sollten zunächst verlängerte Besuchskontakte mit Übernachtungen stattfinden.

Bei einem guten und vertrauensvollen Verhältnis zum Umgangsberechtigten entsprechen zwei bis drei Wochen Ferienumgang in den Sommerferien und je eine weitere Woche in den Weihnachts-, Herbst- und Osterferien bei Kindern im Schulalter der Üblichkeit. Der Umgangsberechtigte ist grundsätzlich befugt, den Ort des Ferienumgangsrechts zu bestimmen. Ist der andere Elternteil einverstanden, darf er mit dem Kind ins Ausland verreisen.

Die Möglichkeit, die Ferien mit dem Kind zu verbringen, muss auch für den betreuenden Elternteil bestehen, damit ihm nicht der „graue Alltag“ mit dem Kind bleibt.

4.4

Unabhängig von der Konfession ist der Umgang an den sog. großen kirchlichen Festtagen (Weihnachten, Ostern, Pfingsten) zu regeln. Gibt es bereits aufgrund jahrelangen Zusammenlebens zwischen dem nicht betreuenden Elternteil und dem Kind eine gewachsene feste Bindung, kommt eine wechselweise Reglung, wer welche Feiertage mit dem Kind verbringt, in Betracht. Beispielsweise verbringt der Vater in allen ungeraden Jahren und die Mutter in allen geraden Jahren Heiligabend mit dem Kind. Dem umgangsberechtigten Elternteil soll es zudem möglich sein, Geburtstage (die des Kindes und die eigenen) mit dem Kind zu verbringen. Geregelt werden sollte auch, ob und ggf. an welchem Ersatztag der Umgang stattfinden soll, wenn zwingende Gründe in der Person des Kindes (Krankheit) oder des Umgangsberechtigten dem Umgang am regulären Tag entgegenstehen. Auch Benachrichtigungspflichten können bei ausgesprochen angespannten Elternbeziehungen festgelegt werden. Jede wie auch immer geartete Vereinbarung muss dem Wohl des Kindes entsprechen.

Die Eltern sollten die Umgangstage kalendarisch festhalten und dem Kind den Kalender zugänglich machen, damit es jederzeit weiß, wann es den Elternteil, mit es nicht zusammenlebt, sieht.

5. Einschränkungen oder Ausschluss des Umgangsrechts

5.1

Der Abbruch der Beziehungen zu einem Elternteil ist unter außergewöhnlichen Umständen gerechtfertigt. Zwar ist ein Umgangsausschluss verfassungsrechtlich zulässig, er darf aber keinesfalls ohne vorherige Prüfung einer Umgangspflegschaft oder eines begleiteten Umgangs erfolgen und nicht ohne Berücksichtigung der Belange des Kindes und des umgangsberechtigten Elternteils einseitig auf die ablehnende Haltung des betreuenden Elternteils gestützt werden.

Nur bei sehr hoher Wahrscheinlichkeit einer Kindeswohlgefährdung ist als äußerste Maßnahme zur Abwendung einer konkreten, gegenwärtigen Gefährdung der körperlichen oder geistig seelischen Entwicklung des Kindes, wenn keine andere Mittel zu seinem Schutz verfügbar sind, ein Umgangsausschluss denkbar. Einen solchen hat das Amtsgericht Düsseldorf im Fall eines zwölfjährigen an ADS leidenden Mädchens bei ablehnender Haltung des Vaters zur Medikamenteneinnahme und jahrelangen Streitereien der Eltern bejaht (AG Düsseldorf, Beschluss vom 01.12.2008- 268 F 126/08).

Gegebenenfalls ist statt eines Ausschlusses der Umgang nur vorüber-gehend auszusetzen. Die Wiederaufnahme von Kontakten erfordert gegebenenfalls die Unterstützung durch den betreuenden Elternteil.

5.2

Einschränkungen des Umgangsrechts sind bei erfolgten oder zu befürchtenden Misshandlungen des Kindes gerechtfertigt oder bei Entfremdung, so, wenn der Vater seit Jahren keinen Kontakt zu seinem neunjährigen Kind gesucht hat; eine Erkrankung des Kindes führt nicht zur Einschränkung des Umgangs, wenn das Kind transportfähig ist und der Umgangsberechtigte sich angemessen um das Kind kümmern kann.

In der Praxis wird daher vereinbart, dass ein Kind, wenn es Fieber hat, bei dem betreuenden Elternteil bleibt, hustet es, findet der Umgang statt.

Bei Krankheit des Umgangsberechtigten (Alkoholismus, psychische Erkrankung) entscheidet das Kindeswohl, in welchem Rahmen das Umgangsrecht ausgeübt wird. Es kommt darauf an, ob das Kind gefährdet ist.

Einzuschränken sein wird der Umgang beim Verdacht des sexuellen Missbrauchs, je nach Intensität des Verdachts; bei nachgewiesenem Missbrauch wird der Umgang auszuschließen sein (auch hier stellt sich die Frage nach einem milderen Mittel).

Entführungsgefahr setzt eine konkret drohende Kindesentführung voraus. In der Praxis kommt es oft vor, dass der betreuende Elternteil eine Entführungsgefahr behauptet und dies hauptsächlich mit der nicht deutschen Staatsangehörigkeit des umgangsberechtigten Elternteils begründet. Es steht außer Frage, dass dieser Umstand allein nicht genügt, um einen Umgang zu verweigern oder einzuschränken.

Sofern tatsächlich die Gefahr der Verbringung ins Ausland besteht, besteht für den betreuenden Elternteil die Möglichkeit, per einstweiliger Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf sich übertragen zu lassen und dem anderen Elternteil eine Grenzsperre auferlegen zu lassen, mit dem Inhalt, dass es ihm verboten wird, das Kind außerhalb Deutschlands und der anderen Vertragsstaaten des Schengener Übereinkommens zu verbringen. Das Gericht sendet den Beschluss an die Bundespolizei, die die Daten im Schengen-Informationssystem (SIS) speichert und den entführenden Elternteil und das Kind an der Ausreise hindern soll.

Differenzen unter den Eltern rechtfertigen allein keinen Ausschluss des Umgangsrechts.

Lehnt das Kind den Umgang ab, so gebietet es das Persönlichkeitsrecht des Kindes, seine Wünsche bzw. die ablehnende Haltung mit zu berücksichtigen. Der Kindeswille ist aber nicht allein entscheidend, sondern er ist gegen die Interessen des Umgangsberechtigten abzuwägen. Dem Willen des Kindes kommt mit zunehmendem Alter und gesteigerter Einsichtsfähigkeit des Kindes vermehrt Bedeutung zu. Feste Altersgrenzen gibt es nicht.

5.3

Es gibt abgestufte Maßnahmen, was eine Einschränkung des Umgangsrechts betrifft. Die Einschränkung kann inhaltlicher, zeitlicher oder örtlicher Art sein. So kann der Umgang nur begleitet stattfinden. Begleitpersonen können Privatpersonen des Vertrauens der Eltern wie Verwandte, Freunde, Nachbarn, Lehrer, Träger der Jugendhilfe, aber auch Vereine wie der Kinderschutzbund sein.

6. Außergerichtliche Wege zur Regelung des Umgangs

6.1 Ansprechpartner

Zunächst einmal ist auf die kostenlose Beratung bei den Jugendämtern oder bei einem der freien Wohlfahrtsverbände (wie Diakonie, SKFM) hinzuweisen.

Für Düsseldorf finden sich Beratungsstellen auf einer Übersichtskarte, die die Stadt ins Internet eingestellt hat, unter

https://www.duesseldorf.de/djeb.html;

die Stadt Wuppertal hat dies getan unter

https://www.wuppertal.de/microsite/starthilfe/eltern/eltern/Trennung_Scheidung.php#chapter102370100000577426-1015_sp_main_iterate_2_0.

Pro Familia und der VAMV können ebenfalls Anlaufstellen für eine kostenfreie Beratung sein. In Gesprächen mit beiden Elternteilen wird versucht, eine Umgangsvereinbarung zu entwickeln. Häufig verwendet das Jugendamt in Düsseldorf das anliegende Muster für eine Umgangsvereinbarung.

Das Jugendamt bietet im Übrigen auch tatsächliche Unterstützungsleistungen wie den Einsatz einer sozialpädagogischen Familienhilfe an.

6.2 Mediation

Vielfach bieten, was die Regelung des Umgangsrechts betrifft, viele Beratungsstellen die Durchführung einer (kostenfreien) Mediation an.

Unter Mediation versteht man ein strukturiertes freiwilliges Verfahren zur Beilegung eines Konfliktes.

Die Beteiligten versuchen, ihren Konflikt eigenständig zu lösen und zu einer gemeinsamen Vereinbarung zu gelangen, die ihren Bedürfnissen und Interessen entspricht. Der Mediator unterstützt sie mit Mitteln der Gesprächsführung. Entscheidungskompetenzen hat er nicht. So die Eltern wirklich bereit sind, eine gemeinsame Lösung zur Regelung der Umgangsfrage zu finden, ist die Mediation ein guter Weg. In der Regel fühlen sich Eltern an selbst erarbeitete Lösungen mehr gebunden als eine Entscheidung durch das Gericht.

6.3 Nachteile

Nachteil einer außergerichtlichen Regelung ist, dass es keinerlei Möglichkeit gibt, das Umgangsrecht durchzusetzen, wenn sich ein Elternteil nicht an die Vereinbarung hält. Die außergerichtliche Einigung ist kein Vollstreckungstitel. Daher bleibt dann letztlich nur der Weg zum Gericht, was eine erneute Auseinandersetzung der Eltern nach sich zieht und belastend sein kann.

7. Gerichtliches Umgangsverfahren

7.1

Örtlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk das Kind lebt.

7.2

Das Verfahren wird in der Regel durch einen Antrag eingeleitet. Anwaltszwang besteht nicht, so dass jeder den Antrag selbst stellen kann. Dies kann schriftlich oder mündlich geschehen. Mündlich wird der Antrag gestellt, indem man zur Rechtsantragsstelle des Gerichts geht und sein Begehren mitteilt. Ein Rechtspfleger formuliert in Gegenwart des Antragstellers die Antragsschrift, die der Antragsteller unterschreiben muss. Der Antrag muss keine genauen Vorgaben enthalten; es genügt, das Gericht zu bitten, einen angemessenen Umgang zwischen Antragsteller und Kind zu regeln.

7.3

Immer ist in Umgangssachen das Jugendamt zu beteiligen. Es ist nach § 162 FamFG vom Gericht anzuhören, von Terminen und Entscheidungen zu unterrichten. Gegen die Entscheidungen kann auch seitens des Jugendamts Rechtsmittel (Beschwerde) eingelegt werden.

7.4

Das Gericht hat für das Kind einen Verfahrensbeistand zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist, § 158 FamFG. Der Verfahrensbeistand soll also die Interessen des Kindes feststellen und in das Verfahren einbringen. Er hat dabei nicht nur den Kindeswillen zu beachten, sondern auch das Kindeswohl (BT-Drucks. 16/6038, 239). Ferner hat er das Kind über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren. Das Gericht kann ihm die zusätzliche Aufgabe übertragen, Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes zu führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitzuwirken.

Das Gericht legt Art und Umfang der Beauftragung direkt bei Bestellung des Verfahrensbeistands durch Beschluss fest. Der Verfahrensbeistand ist Beteiligter am Verfahren und kann im Interesse des Kindes Rechtsmittel einlegen. Er ist nicht gesetzlicher Vertreter des Kindes. Seine Aufgabe nimmt er selbstständig und eigenverantwortlich wahr.

7.5

Das Gericht hat das Kind persönlich anzuhören, wenn es das 14. Lebensjahr vollendet hat; bei jüngeren Kindern steht es im Ermessen des Gerichts, ob eine Kindesanhörung erfolgt. Die Kindesanhörung soll im Beisein des Verfahrensbeistands erfolgen, § 159 FamFG.

7.6

Die Kosten des (isolierten) Umgangsverfahrens richten sich nach einem Verfahrenswert von 3.000,00 € (§ 45 FamGKG).

Das Gericht erhält, wenn es zu keiner Einigung kommt und es entscheiden muss, zwei Gebühren. Das sind 2 x 108,00 €, mithin 216,00 €. Einigen sich die Beteiligten, reduzieren sich die gerichtlichen Gebühren auf eine Gebühr, 108,00 €.

Die Gerichtskosten werden jedem Teil in der Regel zu gleichen Teilen zur Last gelegt, § 83 FamFG. Sind die Eltern also nicht anwaltlich vertreten und bestellt das Gericht keinen Verfahrensbeistand, zahlt jeder Elternteil im Falle einer Einigung 54,00 €.

Bestellt das Gericht dem Kind einen Verfahrensbeistand, so erhöhen sich die Gerichtskosten um dessen Vergütung, denn der Verfahrensbeistand rechnet gegenüber dem Gericht ab und erhält von ihm seine Vergütung. Je nachdem, ob der Verfahrensbeistand erweitert oder einfach bestellt worden ist, fallen pro Kind 550,00 € brutto oder 350,00 € brutto an, § 158 Abs. 7 FamFG.

Der Rechtsanwalt, der einen Elternteil in einer Umgangssache vertritt, kann folgende Gebühren in Höhe von 860,97 € abrechnen.

Weitere Gerichtskosten können durch Einholung von familienpsychologischen oder psychiatrischen Gutachten oder durch Hinzuziehung von Dolmetschern entstehen.

7.7

Das Verfahren wird beendet durch eine Einigung der Kindeseltern oder durch eine Entscheidung des Gerichts(Beschluss).

Erzielen die Beteiligten Einvernehmen über den Umgang, ist die einver-nehmliche Regelung als Vergleich aufzunehmen, wenn das Gericht diese billigt (gerichtlich gebilligter Vergleich, § 156 FamFG). Das Gericht billigt die Umgangsregelung, wenn sie dem Kindeswohl nicht widerspricht. Mit der Billigung erhalten die Eltern einen Vollstreckungstitel. Im Falle des Verstoßes gegen eine Regel kann ein Ordnungsgeld von bis zu 25.000,00 € pro Verstoß und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, ersatzweise Ordnungshaft verhängt werden.

Ergeht eine Entscheidung des Gerichts, ist gegen den Beschluss das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Diese kann von jedem Verfahrens-beteiligten binnen eines Monats nach Zustellung bei dem Gericht, welches die Entscheidung erlassen hat, eingelegt werden. Das Verfahren wird vor dem Beschwerdegericht (für uns in Düsseldorf, Solingen und Wuppertal: OLG Düsseldorf) geführt.

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