WEG-Reform: Kein Verlust der Prozessführungsbefugnis

Urteil des BGH vom 07.05.2021, V ZR 299/19

Bis zur Novellierung des Wohnungseigentumsgesetzes zum 01.12.2020 stand dem einzelnen Wohnungseigentümer das Recht zu, Ansprüche aus dem gemeinschaftlichen Eigentum der Wohnungseigentümer im eigenen Namen geltend zu machen.

Durch die Neuschaffung des § 9a Abs. 2 WEG stehen derartige Ansprüche nunmehr ausschließlich dem Verband, also der Wohnungseigentümergemeinschaft zu. Konsequenz dieser Betrachtungsweise ist es, dass eine Prozessführungsbefugnis fehlt. Da eine Übergangsregelung für vor dem 01.12.2020 anhängige Verfahren im Gesetz fehlt, bestand Streit darüber, welche Auswirkungen die gesetzliche Novellierung auf laufende Verfahren besitzt (vgl. AG Heidelberg, 45 C 108/19 – Fortbestand der Prozessführungsbefugnis – dagegen LG Frankfurt, NZM 2021, S. 239).

In seinem Urteil vom 07.05.2021 hat der BGH nunmehr klargestellt, dass eine Regelungslücke besteht, die durch die Anwendung des Rechtsgedankens des § 45 Abs. 2 WEG dadurch geschlossen werden soll, dass die Prozessführungsbefugnis zumindest solange fortbesteht, bis dem Gericht eine schriftliche Äußerung des nach § 9b WEG vertretungsberechtigten Organs (z.B. des Verwalters) über einen entgegenstehenden Willen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Kenntnis gebracht worden ist.

Der Übergangsregelung des § 45 Abs. 5 des Wohnungseigentumsgesetzes liege die Vorstellung des Gesetzgebers zugrunde, dass Änderungen des Verfahrensrechts bereits anhängiger Verfahren unberührt bleiben sollen. Solange dem Gericht ein entgegenstehender Wille der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht zur Kenntnis gebracht werde, bestehe für ein bereits vor dem 01.12.2020 anhängiges Verfahren die Prozessführungsbefugnis des klagenden Wohnungseigentümers vor. Dies rechtfertige sich aus der Überlegung, dass die Geltendmachung und Durchsetzung von sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechten, insbesondere die Verfolgung von Ansprüchen wegen einer Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums, im Ergebnis im Interesse der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer liegen dürfte. Werde der entgegenstehende Wille jedoch mitgeteilt, sei diese Überlegung nicht mehr gerechtfertigt.

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs, Pressemitteilung Nr. 93/2021

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