Reform des Erbschaftsteuerrechts

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat durch Urteil vom 17.12.2014 festgestellt, dass das gegenwärtige Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) hinsichtlich der für das Betriebsvermögen geltenden Ausnahmeregelungen verfassungswidrig ist. Dem Gesetzgeber ist aufgegeben, diese Mängel bis zum 30.06.2016 zu beseitigen.

Urteile

Das BVerfG hat durch Urteil vom 07. November 2006 das bis dahin geltende Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) in weiten Teilen für verfassungswidrig erklärt. Die durch § 19 Abs. 1 angeordnete Erhebung der Erbschaftsteuer mit einheitlichen Steuersätzen auf den Wert des Erwerbs unabhängig davon, ob es sich um Grundvermögen, Betriebsvermögen, Anteile an Kapitalgesellschaften oder um Geldvermögen handelt, sei mit dem Grundgesetz unvereinbar. Der Gesetzgeber hat durch das am 01.01.2009 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts versucht, verfassungsgemäße Regelungen zu erlassen.

Dies ist nach Auffassung des BVerfG nicht vollständig gelungen, denn es hat durch Urteil vom 17.12.2014 die Vorschriften der §§ 13a, 13b und 19 Abs. 1 ErbStG als mit dem Grundgesetz nicht vereinbar verworfen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass es zwar im Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers liege, kleine und mittlere Unternehmen, die in personaler Verantwortung geführt werden, zur Sicherung ihres Bestandes und zur Erhaltung der Arbeitsplätze steuerlich zu begünstigen. Die Privilegierung betrieblichen Vermögens sei jedoch unverhältnismäßig, soweit sie über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreife, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen.

Ebenso unverhältnismäßig seien die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigen von der Einhaltung der Mindestlohnsumme und die Verschonung betrieblichen Vermögens mit einem Verwaltungsvermögensanteil bis zu 50 %. Die §§ 13a und 13b ErbStG seien auch insoweit verfassungswidrig, als sie Gestaltungen zulassen, die zu nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlungen führen.

Gesetzgebung

Die Bundesregierung hat am 08.07.2015 einen Regierungsentwurf zur Erbschaftssteuerreform beschlossen. Der Bundesrat hat am 25.09.2015 zu dem Entwurf Stellung genommen. Im Grundsatz wurde der Entwurf begrüßt. In einigen Punkten sieht er jedoch Änderungsbedarf.

Der Regierungsentwurf behält das bisherige Verschonungskonzept im Grundsatz bei. Firmenerben sollen weiterhin weitgehend von Steuern befreit sein, wenn sie die Unternehmen über bestimmte Zeiträume fortführen und die Mehrzahl der Arbeitsplätze erhalten. Erben größerer Unternehmen mit mehr als 26 Mio € Betriebsvermögen sollen künftig stärker belastet werden.

Die Verschonungsregelungen, also unter welchen Voraussetzungen Unternehmen nur zu 15 % oder gar nicht der Steuer zu unterwerfen sind, ergeben sich aus der Aufstellung „Erbschaft- und Schenkungsteuerübersicht der Neuregelung gemäß Gesetzentwurf vom 08. Juli 2015 des Bundesfinanzministeriums“, den Sie hier abrufen können.

Es gelten also weiterhin bestimmte Haltefristen: 5 bzw. 7 Jahre und bei Unternehmen ab 4 Beschäftigen wird auf die in der Haltefrist erzielte Lohnsumme abgestellt. Je größer das Unternehmen, desto höher muss die Lohnsumme während der Haltefrist sein.

Bei Unternehmen mit einem Wert von über 26 Mio € pro Erbe erfolgt eine individuelle Verschonungsbedarfsprüfung, also die Prüfung, ob die Steuerschuld nicht aus 50 % des verfügbaren Vermögens beglichen werden kann bzw. als Wahlrecht verringert sich der Verschonungsabschlag bei steigendem übertragenen Unternehmenswert.

Mit Beschluss vom 25.09.2015 haben die Bundesländer im Bundesrat einen eigenen Vorschlag zur Reform des Erbschaftsteuergesetzes eingebracht (Länder-E). Dieser unterscheidet sich vom Regierungsentwurf im Wesentlichen wie folgt:

Bei Großerwerben erfolgt eine Verschärfung des Verschonungsabschlages, das heißt, die Abschmelzung erfolgt bei einem geringeren Übertragungsbetrag. Ab 34 Mio € bzw. 60 Mio € bei Familiengesellschaften soll nach dem Länder-E der Verschonungsabschlag völlig entfallen.

Außerdem kehrt der Länder-E zum Begriff des Verwaltungsvermögens zurück. Über das bisherige Verwaltungsvermögen hinaus sollen auch Wirtschaftsgüter wie Oldtimer, Sportflugzeuge, Segelyachten und Wertpapiere, die ausschließlich der Rückdeckung von betrieblichen Pensionsverbindlichkeiten angelegt sind, gehören. Das heißt, auch dieses Vermögen ist nicht der Verschonung unterworfen.

Außerdem soll die im Regierungsentwurf vorgesehene Stundungsmöglichkeit der Steuern in Härtefällen ersatzlos gestrichen werden.

Wie immer gibt es von allen möglichen Verbänden und sonstigen Interessierten Stellungnahmen zu den Entwürfen, in denen diese mehr oder weniger kritisiert werden.

Es ist davon auszugehen, dass es hierzu einen Kompromiss geben wird, der dann auch, wie vom BVerfG angeordnet, am 01.07.2016 in Kraft treten wird.

Stand 31. Dezember 2015

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