Nachforderung des Vermieters einer Eigentumswohnung bei verspäteter WEG-Abrechnung

Der für das Wohnraummietrecht zuständige Senat des Bundesgerichtshofs hat in seinem Urteil vom 25.01.2017 - VIII ZR 249/15 - klargestellt, dass Regelungen in Wohnraummietverträgen nach § 556 Abs. 4 BGB unwirksam sind, die die Verpflichtung zur Erstellung der Betriebskostenabrechnung von einer Beschlussfassung über die Genehmigung der Hausgeldabrechnungen der Eigentümerversammlung abhängig machen.

Damit kann der Vermieter eine Nachforderung nach Ablauf der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB nur dann geltend machen, wenn er die verspätete Erstellung der WEG-Abrechnung nicht zu vertreten hat.

Ein Verschulden des Verwalters der WEG muss sich der Vermieter nicht zurechnen lassen, da er nicht Erfüllungsgehilfe des Vermieters hinsichtlich der Erstellung der mietrechtlichen Betriebskostenabrechnung für die vermietete Eigentumswohnung ist.

Der Vermieter muss jedoch im Einzelnen darlegen, welche konkreten Maßnahmen von ihm veranlasst wurden, um den säumigen Hausverwalter dazu zu bringen, die Abrechnung noch so rechtzeitig zu erstellen, dass sie binnen der Abrechnungsfrist dem Mieter noch zugestellt werden kann.

Der bloße Hinweis darauf, die Hausverwaltung sei nicht tätig geworden, reicht für diesen Entlastungsbeweis nicht aus.


Hintergrund

Im vorliegenden Fall stritten der Vermieter einer Eigentumswohnung und sein Mieter über Nachzahlungen aus Betriebskostenabrechnungen. Der Mietvertrag enthielt eine handschriftliche Ergänzung, wonach die Betriebskosten jährlich nach Genehmigung der Abrechnung in der Eigentümerversammlung mit dem Mieter abgerechnet werden. Die Wohnungseigentümer genehmigten erst Ende 2013 die Jahresabrechnungen für die Wirtschaftsjahre 2010 und 2011. Der Vermieter rechnete kurz nach dieser Beschlussfassung ab und verlangte von dem Mieter zu Zahlung des Nachzahlungsbetrages. Dieser verweigerte die Zahlung. In dem sich anschließenden Rechtsstreit stellte sich der klagende Vermieter auf den Standpunkt, dass er nach der handschriftlichen Regelung im Vertrag berechtigt war, erst nach Beschlussfassung der WEG abzurechnen. Zudem habe er die verspätete Abrechnung nicht zu vertreten, da er erst nach wirksamen Beschluss über die Jahresabrechnung er in der Lage gewesen sei, die hierauf fußende Betriebskostenabrechnung zu erstellen. Mit dieser Rechtsauffassung konnte der Vermieter in den beiden ersten Instanzen nicht durchdringen.

Urteil des BGH vom 25.01.2017 - VIII ZR 249/15

Auch der Bundesgerichtshof hat dem Begehren des Vermieters nicht stattgegeben.

Der Vermieter hat gegenüber dem Wohnraummieter nach § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB bis zum Ablauf des 12. Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums abzurechnen. So muss dem Mieter die Abrechnung für den Abrechnungszeitraum 01.01. bis 31.12.2016 beispielhaft bis zum 31.12.2017 zugehen.

Durch diese Regelung des § 556 Abs. 3 BGB soll sichergestellt werden, dass der Mieter durch die zeitnahe Abrechnung der Betriebskosten rasch Klarheit und Rechtssicherheit über die zu seinen Lasten bestehenden Forderungen erlangt. Bei der Vermietung einer Eigentumswohnung gelte nichts anderes. Auch hier habe dieser Regelungszweck Vorrang, weshalb es kein zusätzliches Erfordernis gebe, die Frist bis zum Beschluss über die Jahresabrechnung durch die Wohnungseigentümer zu erstrecken. Die hiergegen verstoßende Regelung im Mietvertrag sei nach § 556 Abs. 4 BGB unwirksam.

Erfolgt die Abrechnung des Vermieters in der Abrechnungsfrist nicht, so kann der Vermieter den Nachzahlungssaldo gegenüber dem Mieter nicht mehr durchsetzen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.

Um in den Genuss dieser Entlastung zu kommen und seinen Nachzahlungsanspruch ausnahmsweise noch gegenüber dem Mieter durchsetzen zu können, muss der Vermieter alles Mögliche veranlassen, wenn er vor Ablauf der Abrechnungsfrist erkennen musste, dass die Jahresabrechnung vom Verwalter nicht rechtzeitig vorliegen würde oder die erstellte Abrechnung so fehlerhaft sei, dass sie sich nicht als Grundlage für die Betriebskostenabrechnung eigne.

Anmerkung

Wie vielen Wohnungseigentümern aus leidvoller Erfahrung bekannt sein dürfte, lässt eine bestandskräftige Jahresabrechnung – wegen einer Beschlussanfechtung oder aus sonstigen Gründen – oftmals Monate oder sogar Jahre auf sich warten.

Bereits in seinen vorangegangenen Entscheidungen zu der Abrechnungsfrist hat der BGH erkennen lassen, dass er den Zweck der einjährigen Abrechnungsfrist – rasch Klarheit und Rechtssicherheit über die gegenseitigen Forderungen zu erlangen – als sehr gewichtig erachte und er deshalb an die Anforderungen für das "Nichtvertretenmüssen" des Vermieters hohe Anforderungen stellt.

Dass der Bundesgerichtshof das aus der verspäteten Abrechnung resultierende Risiko ohne Weiteres auf den Mieter übertragen werde, war somit nicht zu erwarten, auch weil zwischen den beiden Rechtsverhältnissen zwischen WEG und vermietendem Wohnungseigentümer einerseits sowie zwischen vermietendem Wohnungseigentümer und Mieter andererseits zu differenzieren ist.

Falls sich für den vermietenden Wohnungseigentümer abzeichnet, dass die Jahresabrechnung der WEG nicht bis zum Ablauf der Abrechnungsfrist erstellt sein wird, so tut er gut daran, entweder Maßnahmen ergreifen, den säumigen Hausverwalter zur Abrechnung zu veranlassen. Alternativ kann er Maßnahmen ergreifen, sich die für die Erstellung der Betriebskostenabrechnung erforderlichen Informationen selbst zu beschaffen, z.B. durch Wahrnehmung seines Einsichtnahmerechts in die Verwaltungsunterlagen.

BGH Urteil vom 25.01.2017 – VIII ZR 249/15


§ 556 BGB Vereinbarungen und über die Betriebskosten
(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1, Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

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