Kündigung des Mietvertrags wegen Zutrittsverweigerung, §§ 543, 573 BGB

Mit Urteil vom 15.04.2015 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Vermieter - unter bestimmten Voraussetzungen - das Mietverhältnis fristlos kündigen kann, wenn der Mieter den Zutritt zur Wohnung für dringend notwendige Instandsetzungsmaßnahmen verweigert. Der Vermieter muss nicht zuerst auf Zutrittsgewährung klagen.

Im vorliegenden Fall hatte der Vermieter im Dach seines Mehrfamilienhauses einen Hausschwammbefall festgestellt. Das Dach drohte einzustürzen. Für die Dauer von Notmaßnahmen zogen die Mieter vorübergehend in ein Hotel. Als der Vermieter nach deren Rückkehr in die Wohnung einige Monate später weitere Beseitungsmaßnahmen vornehmen wollte, verweigerten die Mieter den Zutritt. Der Vermieter kündigte daraufhin das Mietverhältnis.

Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, dass der Vermieter die Mieter vor der Kündigung erst gerichtlich auf Duldung des Zutritts zur Wohnung in Anspruch hätte nehmen müssen. Vor einer gerichtlichen Entscheidung über die Zutrittsgewährung hätten die Mieter nicht mit einer Kündigung rechnen müssen, so das Landgericht Berlin. Anders würde der Fall nur liegen, wenn den Mietern ein querulatorisches Verhalten vorzuhalten gewesen wäre, was das Gericht vorliegend aber nicht feststellen konnte.

Der BGH beurteilte die Rechtslage anders. Eine fristlose Kündigung wegen Missachtung der Duldungspflicht setzt weder einen rechtskräftigen Duldungstitel, noch ein querulatorisches Verhalten der Mieter voraus. Es ist allein maßgeblich, so der BGH, ob gemäß § 543 Abs. 1 BGB im Einzelfall die Interessen des Vermieters die der Mieter überwiegen. Verzögert der Mieter dringend notwendige Instandsetzungsmaßnahmen und ist hierdurch ein Schaden zu erwarten, kann der Vermieter direkt kündigen, da die Erhaltung des Bestands und des Wertes des Mietobjektes für den Vermieter von wesentlicher Bedeutung ist. In diesem Verhalten würde auch des eine erhebliche Verletzung der vertraglichen Pflichten durch den Mieter liegen,, die zur ordentlichen Kündigung berechtigen, § 573 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB.

Die Sache wurde zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Eine andere Kammer des Landgerichts Berlin wird nun feststellen müssen, ob die Arbeiten dringend erforderlich waren und welcher Schaden dem Vermieter durch die Weigerung der Mieter entstanden ist. Mit den so erlangten Erkenntnissen wird das Gericht dann die beiderseitigen Interessen, Risiken und Beeinträchtigungen gegeneinander abzuwägen haben.

BGH, Urteil vom 15.04.2015 – VIII ZR 281/13

Anmerkung:

Geklärt hat der BGH mit diesem Urteil, dass der Vermieter bei einer Zutrittsverweigerung der Mieter nicht erst einen - oftmals Jahre dauernden - Rechtstreit über das Zutrittsrechts zu führen hat, sondern auf dieses Verhalten direkt eine Kündigung stützen kann.

Aus dem Urteil des BGH kann allerdings nicht gefolgert werden, dass eine solche Kündigung wegen mieterseitiger Zutrittsverweigerung zwangsläufig berechtigt ist. Ob diese Kündigung zum Ende des Mietverhältnisses führt, ist vielmehr im Rahmen einer Abwägung der Interessen des Vermieters und des Mieters im Einzelfall festzustellen. Mieter, die eine dringend zur Erhaltung des Mietobjektes erforderliche Maßnahme grundlos blockieren, dürften es nach diesem Urteil allerdings schwer haben.


§ 543 Abs. 1 BGB (Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund) lautet:

Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

§ 573 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB (Ordentliche Kündigung des Vermieters) lauten:

(1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.

(2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn
1. der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat, ...

« zurück