Die Kündigung im Krankheitsfall

Einem offensichtlichen Missverständnis unterliegen Arbeitnehmer die meinen, durch die Erkrankung Kündigungsschutz erworben zu haben. Es halten sich landläufig die Gerüchte, der Arbeitgeber dürfe nicht kündigen, weil man krank sei, und es müsse im Falle einer Kündigung an den Arbeitgeber dann eine Abfindung gezahlt werden.Beides ist mitnichten der Fall.

Nachfolgend stellen wir Ihnen die Rechtslage dar:

1. Kündigung im Krankheitsfall ohne Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes

Auch wenn der Arbeitnehmer erkrankt ist - egal, ob kurz oder lang - kann das Arbeitsverhältnis mit ihm jederzeit gekündigt werden. Die Erkrankung allein führt nicht automatisch zur Unwirksamkeit der Kündigung. Diese vielfach in der Gesellschaft herrschende Auffassung findet im Gesetz keine Stütze. Findet das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung, dann kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis grundsätzlich immer kündigen.

2. Kündigung im Krankheitsfall im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes

Findet das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis Anwendung - also weil der Gekündigte seit mehr als sechs Monaten in einem Betrieb mit mehr als zehn Mitarbeitern beschäftigt - kann der Arbeitgeber eine sog. krankheitsbedingte Kündigung aussprechen.

Allerdings ist anzumerken, dass eine solche Kündigung nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich ist. Die Hürden, die das Bundesarbeitsgericht hier für den Arbeitgeber aufstellt, sind hoch.

So muss, wie aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.05.2015, 2 AZR 565/14 hervorgeht (siehe unseren Artikel „Krankheitsbedingte Kündigung bei voller Erwerbsminderung“), dem Arbeitnehmer vor Ausspruch der krankheitsbedingten Kündigung erst ein betriebliches Eingliederungsmanagement angeboten werden, bevor die Kündigung sozial gerechtfertigt sein kann.

Der Arbeitgeber muss sich daher zudem regelmäßig im Kündigungsschutzprozess die Frage gefallen lassen, weshalb er dem Arbeitnehmer denn keinen leidensgerechten Arbeitsplatz angeboten habe.

Denn den Anspruch auf leidensgerechte Beschäftigung haben nicht nur schwerbehinderte Arbeitnehmer (§ 81 Abs. 4 S. 1 SGB IX), sondern nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch alle übrigen Arbeitnehmer.

Eine Kündigung muss immer verhältnismäßig sein, weshalb vom Arbeitgeber vor Ausspruch einer Kündigung zunächst zu prüfen ist, ob durch die Umgestaltung eines Arbeitsplatzes oder durch eine Umverteilung von Arbeitsaufgaben künftige krankheitsbedingte Fehlzeiten des Gekündigten vermieden werden können.

3. Kündigungsfristen bei der Kündigung im Krankheitsfall

Bei der Frage der Wirksamkeit einer Kündigung im Krankheitsfall ist in allen Fällen zu beachten, dass die Kündigungsfrist eingehalten wurde.

Welche Frist im konkreten Einzelfall gilt, hängt zunächst davon ab, was im Arbeitsvertrag der Parteien steht.

Findet sich dort keine Regelung, so kann sich die Kündigungsfrist aus einem Tarifvertrag oder schließlich aus dem Gesetz ergeben.

Gilt das Gesetz, so finden sich die Fristen in § 622 BGB, wonach gilt:

(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.

(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen

1. zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,

2. fünf Jahre bestanden hat, zwei Monate zum Ende eines Kalendermonats

3. acht Jahre bestanden hat, drei Monate zum Ende eines Kalendermonats,

4. zehn Jahre bestanden hat, vier Monate zum Ende eines Kalendermonats,

5. zwölf Jahre bestanden hat, fünf Monate zum Ende eines Kalendermonats,

6. 15 Jahre bestanden hat, sechs Monate zum Ende eines Kalendermonats,

7. 20 Jahre bestanden hat, sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats.

...

(6) Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer darf keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber.

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