Bleibt die Rechtsprechung des BGH zum Behindertentestament aufrechterhalten?

Das Sozialgericht Dortmund hat eine bemerkenswerte Entscheidung gefällt (Beschluss vom 25.09.09/S 29 AS 309/09-ER).

In einem einstweiligen Anordnungsverfahren beantragte der Antragsteller, ihm trotz Erbschaft mit einem Wert von 240.000,00 € Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II weiter zuzusprechen. Er hatte diese Leistungen über Jahre erhalten. Seine Mutter hatte den Antragsteller, ihren einzigen Sohn, als nicht befreiten Vorerben eingesetzt und den Nacherben zum Testamentsvollstrecker bestellt mit der Anordnung, den Antragsteller nur insoweit in den Genuss der Nachlassfrüchte kommen zu lassen, dass ihm öffentlich-rechtliche Zuwendungen nicht verloren gehen. Der Nachlass sollte dazu dienen, es dem Vorerben zu ermöglichen, sein Leben wie bisher weiter zu führen.

Das Sozialgericht Dortmund lehnte den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ab, weil der Antragsteller zunächst alle Möglichkeiten zur Beendigung seiner Hilfsbedürftigkeit ausschöpfen müsse (§ 2 Abs. 1 SGB II). Hierzu gehöre auch die Anfechtung des Testaments, weil einiges dafür spreche, dass dieses sittenwidrig sei. Jedenfalls könne die Rechtsprechung des BGH zu den sog. Behinderungstestamenten nicht ohne weiteres auf den Antragsteller übertragen werden, denn dieser sei nicht behindert und bedürfe daher nicht der besonderen Fürsorge seiner Mutter. Er sei vielmehr in der Lage für sich selbst zu sorgen. Dies könne auch durch die Anfechtung des Testaments geschehen. Zwar messe der BGH der Testierfreiheit einen hohen Wert zu, dies könne jedoch nicht so weit gehen, dass dem Erben sämtliche Annehmlichkeiten aus dem Nachlass finanziert werden, während für den Lebensunterhalt der Steuerzahler aufkommen müsse.

Mit dieser Entscheidung ist die Rechtsprechung des BGH zum Behindertentestament grundsätzlich nicht in Frage gestellt. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass durch diese Entscheidung die Problematik wieder in die Diskussion gerät.

SG Dortmund, Beschluss vom 25.09.2009 - S 29 AS 309/09-ER

Fundstelle: NJW Spezial 2009, 760

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