Anfänglicher Baumangel / Kostentragungslast bei Mehrhausanlage

Die Tatsache, dass jedes Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft bei einem anfänglichen bereits seit Erstellung der Wohnungseigentumsanlage existierenden Baumangel (sog. anfänglicher Baumangel) als Ausfluss ordnungsgemäßer Verwaltung einen Anspruch auf Instandhaltung und Instandsetzung zu Lasten der Gemeinschaft besitzt, sofern das Gemeinschaftseigentum betroffen ist, ist in Rechtsprechung und Literatur geklärt.

Unklar ist die Rechtslage, wen die Kostentragungslast trifft, wenn es sich um einen Baumangel handelt, der in einer Wohnungseigentümergemeinschaft auftritt, die als sogenannte Mehrhausanlage geführt wird.

In Rechtsprechung und Literatur wird die Frage kontrovers diskutiert, ob entgegen der denkbaren Zuordnung des anfänglichen Baumangels zu einem Gebäudekörper einer Untergemeinschaft die Gesamtgemeinschaft verantwortlich zeichnet oder aber vor dem Hintergrund der gewollten Kostentrennung nur die betroffene Untergemeinschaft zu den Kosten herangezogen werden kann.

Nunmehr hat sich der BGH in seiner Entscheidung vom 26.06.2020 zu Aktenzeichen V ZR 199/19 (vgl. NZM 2020, S. 715 ff.) mit dieser Problematik auseinandersetzen müssen.

In dem durch den BGH zu entscheidenden Fall war eine Wohnungseigentümergemeinschaft betroffen, die aus den Häusern A, B und D sowie einer Tiefgarage bestand. Diese Gebäude sowie die Tiefgarage waren neu errichtet worden. Das Haus C bestand aus einem Altbau und wurde saniert. Die Teilungserklärung sah eine Trennung der Mehrfamilienhäuser und der Tiefgarage vor. Die gesamte Wohnanlage wurde in der Teilungserklärung verwaltungsmäßig und im Hinblick auf die Instandhaltungs- und Instandsetzungsverpflichtung in fünf selbständige Gemeinschaften aufgeteilt, die wirtschaftlich eigenständig sein sollten. Zur Kostentragung sah die Teilungserklärung vor, dass die laufenden Lasten, spätere Instandhaltungsmaßnahmen und die Instandhaltungsrücklage entsprechend der jeweiligen Verwaltungseinheit zu teilen und zuzuordnen seien, soweit nicht Maßnahmen und Anlagen betroffen wären, die der Unterhaltung aller Verwaltungskomplexe dienten. In Haus C traten Feuchtigkeitsschäden auf, die aus einer nicht ordnungsgemäßen erstmaligen Abdichtung des Gebäudes im Zuge der Sanierungsmaßnahme zurückzuführen waren.

Aus Sicht des BGH trifft die Kostentragungslast für diese Maßnahme, obgleich es sich um die erstmalige ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums im Zusammenhang mit der Mängelbeseitigung handelt, die Gesamtgemeinschaft.

Aus unserer Sicht ist der Entscheidung des BGH als Kernaussage zu entnehmen, dass dann eine Differenzierung bezogen auf die Instandsetzungskosten nach Kosten der erstmaligen ordnungsgemäßen Herstellung des Gemeinschaftseigentums und allgemeinen Instandhaltungskosten mit dem Inhalt der Teilungserklärung in Widerspruch steht, wenn in der Gemeinschaftsordnung eine klare und eindeutige Regelung existiert und die baulichen Gegebenheiten letztlich eine Trennung im Sinne einer Realteilung der einzelnen Gebäude rechtfertigen würde. In einem solchen Fall soll das Innenverhältnis der Wohnungseigentümer dem Verhältnis von Eigentümern realgeteilter Grundstücke entsprechen.

Letztlich ist daher anhand der Regelungen, die Grundlage für die Bildung entsprechender selbständiger Abrechnungskreise bilden, für jeden Einzelfall zu ermitteln, ob die Teilungserklärung die Annahme rechtfertigt, dass eine umfassende auch das Vertrauen der Erwerber schützende Kostentragungslast der jeweiligen Mitglieder der Untergemeinschaften unabhängig von der Frage, ob es sich um einen anfänglichen Baumangel oder aber einen später aufgetretenen Schaden handelt, ankommt.

Es bleibt abzuwarten, wie die Entscheidung in Literatur und Rechtsprechung kommentiert werden wird.

Aus unserer Sicht handelt es sich um eine reine Einzelfallentscheidung, die lediglich Anhaltspunkte dafür gibt, unter welchen Voraussetzungen bei einem anfänglichen Baumangel nicht eine Kostenverteilung auf die Mitglieder der Gesamtgemeinschaft gerechtfertigt ist. Die Teilungserklärung muss Regelungen enthalten, die im Ergebnis eine so klare und eindeutige Trennung vorsehen, dass diese einer „Realteilung der einzelnen Gebäudekörper“ vergleichbar ist.


BGH, Urteil vom 26.06.2020 - V ZR 199/19

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